"Großes Kino" am Himmel - Kraniche fliegen über Rheinhessen

Herbstzug 2010 über Mainz-Lerchenberg | Foto: M. Mallog
Herbstzug 2010 über Mainz-Lerchenberg | Foto: M. Mallog

Hoch oben am Himmel gibt es jetzt im Oktober und November einiges in Rheinhessen zu sehen: Mit trompetenden Rufenziehen die Kraniche über den Südwesten Deutschlands in ihre Überwinterungsgebiete in Frankreich, Spanien oder Nordafrika. Schätzungen gehen von bis zu 200.000 Tieren aus, die von ihren Sammelplätzen in Ostdeutschland bei guter Witterung aufbrechen. In den frühen Morgenstunden geht es los: Sie ziehen am Harz vorbei, erreichen Thüringen und überfliegen in den Nachmittags- und Abendstunden Rheinland-Pfalz mit einem Schwerpunkt in Rheinhessen und im Naheland.

 

Zwar fliegen die Vögel meistens mehrere hundert Meter hoch, doch sind sie tagsüber gut zu entdecken. Kraniche bilden nämlich im Flug eine weithin erkennbare V-förmige Formation mit kräftigen, erfahrenen Tieren an der Spitze. Die Keilform reduziert den Luftwiderstand für die hinteren Vögel und ermöglicht eine bessere Kommunikation untereinander. Bei konstanten Flugbedingungen können die Tiere ohne Halt bis nach Südeuropa fliegen. Manchmal legen sie jedoch Pausen am Boden ein. Große, regelmäßig genutzte Rastplätze wie in Ostdeutschland gibt es hierzulande aber nicht. 

Kraniche im Flug | Foto: Klemens Karkow
Kraniche im Flug | Foto: Klemens Karkow

Wenn es dunkel wird, sind Kraniche trotz ihrer immensen Flügelspannweite von über zwei Metern kaum zu erkennen. Dann heißt es die Ohren spitzen! Denn Kraniche kommunizieren mit einem trompetenartigen Ruf, der weithin zu hören ist. Ihr Ruf ist auch ein sicheres Zeichen, um sie etwa von Wildgänsen zu unterscheiden, die ein ähnliches Zugverhalten aufweisen und ebenfalls in Keilformation fliegen. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass bei Kranichen die Beine im Flug über die Schwanzfedern hinausragen.



 

Neben dem typischen Flug in V-Formation zeigen ziehende Kraniche immer wieder ein weiteres auffälliges Verhalten, das bei vielen Beobachtern Verwunderung auslöst. Scheinbar grundlos lösen sich die geordneten Keile auf und die Vögel beginnen zu kreisen, als ob sie die Orientierung verloren hätten. Auslöser dafür sind jedoch in den wenigsten Fällen Störungen. Vielmehr nutzen Kraniche aufsteigende warme Luftmassen, etwa über von der Sonne erwärmten Landflächen oder größeren Ortschaften, um sich nach oben tragen zu lassen, wo Höhenwinde ihre Reise beschleunigen. Auch schließen sich kleinere Formationen gerne zu und mit größeren zusammen. In solchen Fällen wird dann an markanten Punkten auf dem Zugweg auf Nachzügler gewartet. Kranichzug ist eben ein soziales Event.