Zurzeit tschilpt und piept es überall. In Nistkästen, Bäumen und Gebüschen bettelt der Vogelnachwuchs mit zarten Stimmchen vehement um Futter. Viele Jungvögel haben das sichere Nest sogar schon verlassen. In der NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe häufen sich nun die Anrufe gutwilliger Naturfreunde, die vermeintliche Vogelwaisen aufgelesen haben. Doch sind solche Findlinge wirklich verlassen?
Meist trügt der Schein: „Die Jungen vieler Vogelarten verlassen ihr Nest bereits, bevor ihr Gefieder vollständig ausgebildet ist und verteilen sich in der nahen Umgebung, um weniger Aufmerksamkeit zu erregen. Mit den Eltern stehen sie durch leise Rufe in Kontakt“, erklärt Regional-stellenleiter Rainer Michalski. Auch wenn die Eltern nicht in Sicht sind – sie hockten meist gut versteckt in Sichtweite und warteten nur, bis sich der menschliche Beobachter entfernt, um weiter füttern zu können. Hilfe sei hier unnötig.
„Lediglich wenn Gefahr im Verzug ist, sollte man eingreifen und Jungvögel an einem geschützten Platz nahe am Fundort wieder absetzen. Man könne sie dabei ohne weiteres in die Hand nehmen, denn der fremde Geruch wird von den Vogeleltern nicht wahrgenommen. Selbst nackte Vogelkinder kann man problemlos wieder in ihr Nest zurücklegen“, erklärt Michalski.
Nur ganz selten seien Jungvögel tatsächlich verlassen. Erst wenn nach mehrstündiger, intensiver Beobachtung kein Zweifel besteht, dass das Junge nicht mehr von den Eltern versorgt wird, könne der Findling in Obhut genommen werden.
„Wer einen Jungvogel aufnimmt sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Aufzucht zeitaufwändig ist. Hinzu kommt die Vorbereitung auf das Leben in freier Natur. Auch mit viel Engagement kann die Fürsorge der echten Vogeleltern niemals vollständig ersetzt werden. Die Handaufzucht ist immer nur die zweitbeste Lösung!“, appelliert Michalski abschließend. Die beste Hilfe Vögel sei immer noch der Schutz durch naturnahe Gartengestaltung. Denn in so einem lebensfreundlichen Umfeld finden sie auch bei ihren ersten Ausflügen ausreichend Deckung.